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Land Baden-Württemberg Meldung vom 30.04.2003
Pläne zur Reform der Justizverwaltung vorgestellt
Privatisierung von über 2.000 Stellen
Stuttgart - In Baden-Württemberg kommt im Zuge der Verwaltungsreform auch die Justiz auf den Prüfstand. Nach den Plänen von Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck sollen die staatlichen Notare, Gerichtsvollzieher, Bewährungshelfer sowie Handelsregister privatisiert werden. Die Ministerin erhofft sich dadurch eine Einsparung von mehr als 2.000 Stellen. Die Amtsgerichte sollen dagegen erhalten bleiben.
Das Ziel der Reform sei eine Beschränkung der Justiz auf ihre Kernaufgaben: Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzug. "Angesichts der dramatischen Haushaltslage und der hohen Pensionslasten müssen wir jetzt die Reißleine ziehen", sagte Werwigk-Hertneck am Dienstag in Stuttgart. Konkrete Einsparungen seien nicht sofort zu erwarten. "Die Reform wird zunächst einmal Geld kosten", betonte Werwigk-Hertneck. Industrie- und Juristenverbände reagierten positiv auf das Konzept.
Die Justizministerin hatte die Reformkonzeption am Vortag dem Ministerpräsidenten Erwin Teufel vorgestellt. Nach einer Mitteilung des Staatsministeriums wird Teufel nun die Vorschläge auf ihre Realisierbarkeit hin prüfen und wenn erforderlich korrigieren und ergänzen. Das Einverständnis des Koalitionspartners CDU für das Reformvorhaben vorausgesetzt, könnte die Umsetzung wichtiger Teile der Reform zum 1.1.2004 vollzogen werden. "Ich denke, dass wir im Herbst in das Gesetzgebungsverfahren einsteigen können", sagte Werwigk-Hertneck. Notwendig seien Änderungen von Bundes- und Landesgesetzen.
Der stellvertretende Ministerpräsident Walter Döring bezeichnete die Vorschläge als "großen Wurf": "Wir gehen davon aus, dass dies eine sehr ernsthafte Diskussion nach sich zieht." Nach den Worten des FDP-Fraktionsvorsitzenden Ernst Pfister verdienen die Reformvorschläge aus dem Justizministerium das "Prädikat: mutig und vorausschauend".
Der Präsident der Industrie- und Handelskammern Stuttgart, Till Casper, sagte: "Der Vorstoß von Justizministerin Werwigk-Hertneck ist ein richtiger Schritt zur Entlastung des Staatshaushalts und damit von Bürgern und Betrieben". Die Kammern würden das Handelsregister rasch auf ein elektronisches Registersystem umstellen. Der Gerichtsvollzieherbund Baden-Württemberg bot Gespräche an und hob hervor, die Rahmenbedingungen müssten stimmen. Der Präsident des Oberlandesgerichts Stuttgart, Eberhard Stilz meinte, in der gegenwärtigen Situation sei eine Prüfung der Privatisierung vernünftig.
Die CDU-Sozialausschüsse lehnten eine Privatisierung dagegen ab. Ihr Landeschef Christian Bäumler sagte: "Die Privatisierung der Notariate und der Handelsregister dient allein den Interessen der Anwaltslobby und der Industrie- und Handelskammern." Wer die Axt an die wichtigsten Einnahmequellen der Justiz lege, privatisiere Gewinne und bringe das "Unternehmen Justiz" in Konkursnähe.
Zur Reform der Justiz im Land gehört auch die Integration der derzeit 741 kommunalen Grundbuchämter in die 108 Amtsgerichte und die Auflösung sämtlicher Außen- und Zweigstellen in der Justiz. Die Außensenate des Oberlandesgerichts Karlsruhe in Freiburg und die Außensenate des Finanzgerichts in Stuttgart und Freiburg sollen am Gerichtssitz in Karlsruhe konzentriert werden.
Unter der Voraussetzung, das die Gefangenenzahlen nicht rasch weiter steigen und das Neubauvorhaben der Justizvollzugsanstalt Offenburg bald realisiert wird, wird auch die Schließung kleinerer Außenstellen in Justizvollzug erwogen. Als Beispiele nannte Werwigk-Hertneck Calw, Freiburg, Waldkirch, Mannheim, Schwäbisch Gmünd,Tauberbischofsheim und Leonberg.
Quelle: dpa/lsw
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