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REINER RUF (Südwestpresse)
Der FDP-Landesvorsitzende Walter Döring ist sauer auf den Koalitionspartner. Er wirft der CDU Überheblichkeit vor.
STUTTGART Es geschah gestern Morgen. Walter Döring saß in seinem Dienstwagen auf den Weg nach Stuttgart und starrte in die Morgenblätter, wandte den Blick nach draußen ins Halbdunkel, fand auch in den vorbei huschenden Schemen keinen Halt, raschelte wieder in den Zeitungen - und spürte plötzlich diesen Druck in der Magengegend, dieses Pochen in den Adern. Kein guter Morgen für den FDP-Landeschef. Am Vortag hatte die CDU-Fraktion die Justizreform der liberalen Ministerin Corinna Werwigk-Hertneck abgelehnt, jedenfalls was deren Kern betrifft: die Privatisierung des Amtsnotariats.
Döring bereitet das doppelt Beschwer. Droht doch der noch nicht erfahrungsgesättigten Justizministerin eine erneute Niederlage, nach der Schlappe gegen Schulministerin Annette Schavan (CDU) im Streit um ein verfassungskonformes Kopftuchgesetz. Zwar ist auch in der FDP zu hören, dass Werwigk-Hertneck mit ihren Stellungswechseln in dieser Frage "genug Dummheiten" gemacht habe. Aber immerhin sei man dereinst mit der unglücklichen CDU-Agrarministerin Gerdi Staiblin auch nicht so umgesprungen. Außerdem verfestigt sich bei Döring und seiner liberalen Truppe der Eindruck, der größere Koalitionspartner betrachte die FDP-Regierungsbeteiligung noch immer als "Betriebsunfall", zumal Umfragen der CDU die absolute Mehrheit in Aussicht stellen.
Bei all dem Ärger fügte es sich glückhaft, dass der FDP-Chef gestern wie so oft eine Pressekonferenz auf dem Terminkalender hatte. Und die nutzte er sogleich, um dem CDU-Partner Grenzen aufzuzeigen. "Überheblichkeit" warf er der CDU vor, "dümmliche Provokationen", keinesfalls werde er die "versuchte Demontage" der Justizministerin hinnehmen. "Das Maß ist voll." Zugleich drohte er mit einem Veto bei Erwin Teufels Verwaltungsreform. Die werde es nicht geben ohne Ergebnis bei der Justizreform. Auch FDP-Fraktionschef Ernst Pfister erinnerte daran, dass mit der CDU zu beiden Reformen ein gemeinsames Artikelgesetz vereinbart sei, das zeitgleich beraten und im Parlament verabschiedet werde.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Günther Oettinger hält eine liberale Blockade der Verwaltungsreform nur für schwer denkbar, für die die FDP doch die eigentliche Vaterschaft beanspruche. Was die Justizreform angehe, seien Kompromisse durchaus noch möglich, etwa die Ergänzung des Amtsnotariats in Baden durch freie Notare in den Ballungsräumen. Entschieden werde, so Oettinger, in der Koalitionsrunde am Mittwoch. Sein Rat: "Tiefer hängen."
Auch Christoph Palmer (CDU), Teufels Minister in der Regierungszentrale, empfahl "dringend verbale Abrüstung". Gleichwohl zeigte sich die FDP gestern kampfbereit. Man müsse ja nicht gleich die Verwaltungsreform versenken, sagte ein liberaler Stratege. Im Zuge der Etatberatungen gebe es genügend Möglichkeiten, die CDU in die Defensive zu bringen. Zum Beispiel mit Einsparauflagen für die Landwirtschaft. 50 Millionen Euro seien da schon zu holen. Der CDU müsse gezeigt werden, "dass sie den Bogen überspannt".
Erscheinungsdatum: Donnerstag 20.11.2003
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