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Streit um Amtsgerichte
Nur Außenstellen sollen geschlossen werden - Freies Notariat
Wieviel Reform reicht aus? In der CDU/FDP- Koalition gibt es einen
deutlichen Dissens: Die Justizministerin versucht mit ihrem Konzept alle 108 Amtsgerichte zu halten. Doch Regierungschef Teufel will die Latte höher legen und signalisiert: Es gibt Nachbesserungsbedarf.
BETTINA WIESELMANN
Auf FDP-Seite feiert man die Pläne von Ministerin Corinna Werwigk-Hertneck für eine Justizreform (wir berichteten) überschwänglich: 'Ein weitreichender, großer Wurf aus einem Guss', lobte ihr Parteichef und Wirtschaftsminister Walter Döring am Mittwochmorgen vor der Presse.
Die Reaktion aus dem Staatsministerium sah eher nach Abwatschen aus: Die für Teufel offenkundig vorschnell präsentierten 'Überlegungen' der Justizministerin 'betreffen fast ausschließlich den justiznahen Bereich ihres Hauses, nicht aber den Bereich der Justiz selbst', hieß es kritisch. Teufel kündigte an, sich Korrekturen vorzubehalten.
Dahinter verbirgt sich, wie intern bestätigt wird, die Unzufriedenheit Teufels darüber, dass Werwigk-Hertneck angekündigt hat, alle 108 Amtsgerichte im Land erhalten zu wollen, auch solche, die rechnerisch nicht einmal über eine ganze Richterstelle verfügen. Kundige Kritiker dagegen halten an die 40 Amtsgerichte für durchaus verzichtbar. Eine Zusammenlegung zu größeren Einheiten würde finanziell positiv für das Land zu Buche schlagen.
Ein Argument, das weder für die Justizministerin noch ihren Amtschef Michael Steindorfner (früher selbst an kleinsten Amtsgerichten tätig) überzeugend ist: Auf 'vielleicht gerade eine Million Euro' im Jahr beziffert man im Ressort die jährlichen Einsparungen, würden 30 Gerichtsstandorte aufgegeben. Für den Erhalt gebe es 'vernünftige und emotionale Gründe', bekräftigte die Ministerin ihre Position in der Pressekonferenz: 'hohe Effizienz und Bürgernähe'.
Einzigartige Sonderregelung
Auflösen dagegen will Werwigk-Hertneck 'sämtliche Außen- und Zweigstellen in der Justiz'. Betroffen wären unter anderem die Außenstelle Laupheim des Amtsgerichts Biberach, jene in Villingen-Schwenningen des Landgerichts Konstanz sowie die Zweigstellen der Staatsanwaltschaften in Villingen-Schwenningen und Schwäbisch Hall.
Wie berichtet, soll im ganzen Land das freie Notariat eingeführt und damit die bundesweit einzigartigen Sonderregelungen aufgegeben werden. Das würde den Haushalt des Landes dauerhaft um insgesamt 1000 Stellen entlasten. Betroffen wären in Baden etwa 150 Richter, die als Amtsnotare wirken, in Württemberg die beamteten Bezirksnotare im gehobenen Dienst und die so genannten Nur-Notare. Anders als in Baden gibt es hier auch freie Anwaltsnotare. Die Ministerin räumte ein, dass diese Reform zunächst den Verzicht auf Gebühreneinnahmen von netto 60 Millionen Euro bedeuten würde. Dieser Betrag aber schmelze ohnehin auf Druck der EU ständig weiter ab.
Bei den vorgesehenen Privatisierungen der Dienste der Gerichtsvollzieher (537 Stellen) und Bewährungshelfer (435 Stellen) müssten zum einen noch verfassungsrechtliche Frage geklärt, zum anderen ein Modellversuch abgewartet werden. Dagegen sei mit der gesetzlich möglichen Übertragung der Handelsregister auf die Kammern (160 Stellen) schon bald zu rechnen. Nicht das Land, wohl aber die Kommunen würden finanziell 'deutlich' entlastet, wenn die derzeit 741 kommunalen und elf staatlichen Grundbuchämter in die 108 Amtsgerichte integriert würden.
Außerdem plädiert die Justizministerin dafür, die Zuständigkeit für die Arbeitsgerichtsbarkeit vom Sozial- ins Justizministerium zu verlagern.
SÜDWEST AKTIV - Land und Welt
Erscheinungsdatum: Freitag 02.05.2003
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