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CDU und FDP debattieren über die Einzelheiten der Justizreform: Es geht ums Geld, aber vor allem um das Innenleben der Koalition
Die Privatisierung der Amtsnotariate und die unverändert hohe Zahl der Amtsgerichte - über diese beiden zentralen Punkte der Justizreform bahnt sich ein Streit zwischen CDU und FDP an.
Von Thomas Durchdenwald
Braucht der Südwesten 108 Amtsgerichte? Auf diese Frage gibt es im FDP-geführten Justizministerium eine eindeutige Antwort. Hohe Effizienz, Bürgernähe, Kenntnis von Personen und Örtlichkeiten und das engere Verhältnis zwischen Richtern und Rechtsanwälten sprächen eindeutig für die kleinen Amtsgerichte. Und es sind immerhin 31, die zwei oder weniger Richterstellen haben.
Die möglichen Einsparungen beziffert Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) auf höchstens eine Million Euro im Jahr. "Mir ist die flächendeckende Versorgung wichtiger", sagt sie und räumt ein: "Das ist natürlich eine politische Bewertung." Noch vehementer als die Ministerin focht vor den Medien ihr Amtschef Michael Steindorfner für den Erhalt. Der Jurist, früher selbst Chef kleinerer Amtsgerichte, hält sie für "viel effizienter". Dort werde mehr Arbeit geschultert. Eine Aufgabe von Standorten sei schon aus praktischen Gründen unsinnig: Die Wege würden länger, die Kosten höher. Eigentlich spare man bei Zusammenlegungen nur die Zulage für den Gerichtschef - 150 Euro im Monat. Nach diesem Plädoyer Steindorfners war für Werwigk-Hertneck das Urteil klar: "Die kleinen Amtsgerichte dienen dem Rechtsfrieden."
Andere haben durchaus Zweifel - und das dient dem Frieden zwischen den Koalitionären CDU und FDP nicht. So meldet CDU-Fraktionschef Günther Oettinger (siehe oben stehendes Interview) vorsorglich Bedenken an. Ganz offen spricht sich Christian Bäumler, Vorsitzender der CDU-Sozialausschüsse und im Hauptberuf Richter, für höchstens ein bis zwei Amtsgerichte pro Landkreis aus. Von Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) weiß man, dass er die Bezugsgröße Landkreis, die bereits bei "seiner" Verwaltungsreform gilt, auch in der Justizverwaltung gerne umgesetzt sähe. Motto: ein Landkreis - ein Amtsgericht. Dass der Regierungschef erklärt, er werde, "wenn erforderlich", Korrekturen an dem Konzept der Ministerin vornehmen, gilt manchem als eindeutiger Hinweis.
In der Sache sehen sich die Christdemokraten vom Rechnungshof gestützt, der vor Jahren bei den kleinen Amtsgerichten einen Personalüberhang von 23 Stellen feststellte. Allein dies seien Kosten von rund einer Million Euro im Jahr. Bei einer Auflösung der kleinen Amtsgerichte sei also mehr zu sparen, als Werwigk-Hertneck angegeben habe, so die Folgerung. Der Rechnungshof jedenfalls lässt keine Zweifel an seiner Einschätzung. Sollte der Personalüberhang nicht abgebaut werden, "wäre eine Auflösung der kleinen Amtsgerichte in Angriff zu nehmen", empfiehlt er der Regierung.
Auch bei den Notariaten werden die Finanzkontrolleure zitiert, wenn es um Bedenken gegen die Justizreform geht. Eine Privatisierung lehnte der Rechnungshof noch im Jahr 2000 rundweg ab, wegen des hohen Einnahmeausfalls für die Landeskasse. Netto geht es um 60 Millionen Euro im Jahr - eine Summe, die für die einen unverzichtbar ist, der im Justizministerium aber wegen der EU-Rechtsprechung keine Zukunftschance gegeben wird. "Auf lange Sicht ist zu befürchten, dass das Amtsnotariat aus dem Landeshaushalt mitfinanziert werden muss", heißt es im Ministerium.
Mehr als um die Sache geht es indes ums Innenleben der CDU-FDP-Koalition. Die Justizministerin gehe den "bequemen Weg", sie drücke sich vor "schwierigen Einsparungen", wird moniert. Dagegen müssten die CDU-Ministerien mit den Protesten gegen die Verwaltungsreform fertig werden. Ansonsten sind indes durchaus Parallelen zu entdecken bei Teufels Verwaltungs- und Werwigk-Hertnecks Justizreform. Beide sind, was genaue Ausgestaltung und finanzielle Folgen angeht, ähnlich nebulös.
Aktualisiert: 03.05.2003, 05:05 UhrZur Startseite | Zum Seitenanfang | Zurück zu Württ. Notarverein | Vorherige Meldung | Nächste Meldung