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STUTTGART. Erstmals hat Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) Kritik an der Justizreform von FDP-Ministerin Corinna Werwigk-Hertneck geübt. Die CDU-Fraktion befasste sich gestern aus Zeitgründen nicht mit der umstrittenen Privatisierung der Notariate.
Von Thomas Durchdenwald
"Noch zwei bis drei Wochen" werde es dauern, bis die Justizreform unter Dach und Fach sei, hatte der Ministerpräsident bereits vor der Fraktionssitzung angekündigt. Ende November wollen die Koalitionsrunde und das Kabinett endgültig beschließen. Inzwischen zeichnet sich aber ab, dass dem Regierungschef das Konzept der Justizministerin vom Grundsatz her nicht passt.
Vor einem halben Jahr hatte Teufel die Ministerin, die als dienstjüngstes Kabinettsmitglied im Dezember 2002 die Nachfolge von Ulrich Goll antrat, mit dem Projekt beauftragt. Ähnlich wie in seiner Verwaltungsreform sollen Kosten eingespart, der Landeshaushalt entlastet werden. Die liberale Werwigk-Hertneck setzt auf Privatisierung: Bewährungshelfer, Notare und Gerichtsvollzieher sollen nicht mehr Landesbeamte sein, sondern sich auf dem freien Markt bewähren; die Handelsregister sollen von den Kammern geführt werden. Dadurch könnten rund 2000 Stellen eingespart werden, das Land werde zudem von Pensionszahlungen befreit, wirbt die Ministerin.
Ganz so einfach wird es indes nicht. Einige Privatisierungen hängen vom Bundesgesetzgeber ab. Dessen Zustimmung ist zumindest fraglich. Die Privatisierung der Notariate ist längst zum Streitfall geworden. Die badischen Notare plädieren dafür, die Württemberger sind eher dagegen - und haben wohl den Ministerpräsidenten auf ihrer Seite.
Teufel wollte sich gestern zwar nicht über die Inhalte des Gesprächs mit dem württembergischen Notarverein am Montag äußern. Er ließ aber erkennen, dass er bei einer Privatisierung große finanzielle Schwierigkeiten sieht. "Es kann uns nicht gleichgültig sein, dass wir dann auf mehr als 40 Millionen Euro Gebühreneinnahmen aus den Notariaten verzichten müssen", sagte er. Außerdem müssten für die dann notwendige Verlegung der Grundbuchämter in die Amtsgerichte "hohe Beträge" investiert werden, erklärte Teufel. "Das kostet sehr viel Geld, das wir nicht haben." Diese Meinung ist auch in der CDU-Fraktion zu hören. "Durch die Verwaltungsreform sparen wir 100 Millionen Euro, und bei der Justizreform vervespern wir das Geld wieder", sagt ein Abgeordneter.
Mehr noch: jetzt gesellt sich Teufel zu den Kritikern, denen die Richtung der Reform nicht passt. Als er Werwigk-Hertneck damit beauftragt habe, "habe ich an die Justiz gedacht und nicht an Randbereiche", erklärte er gestern - eine kaum verklausulierte Mängelrüge am Konzept der Justizministerin. Sie hatte vor wenigen Tagen nämlich erneut erklärt, dass in den Kernbereichen der Justiz, also bei Gerichten, Staatsanwaltschaften und im Vollzug, nicht gespart werden könne. Der Personaleinsatz sei dort schon so gering, dass Kürzungen zu spürbaren Verschlechterungen in der Rechtspflege führten. Auch der Schließung von 31 kleinen der insgesamt 108 Amtsgerichte, erteilte die Ministerin erneut eine Absage. Die Sparsumme von einer Million Euro sei doch viel zu gering, meinte sie.
Aktualisiert: 12.11.2003, 05:04 Uhr
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