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"Einsparvolumen trifft uns hart"

Justizreform stößt bei Praktikern auf Skepsis und Ablehnung -
Badischer Notarverein äußerst unzufrieden

Sieht die Staatsanwaltschaften im Land an der Wand stehen: Generalstaatsanwältin Christine Hügel.

KARLSRUHE.

Die jüngsten Beschlüsse der Landesregierung zur Justizreform stoßen bei Praktikern teils auf Skepsis, teils auf Ablehnung. Die neue Karlsruher Generalstaatsanwältin Christine Hügel warnt vor weiteren Einsparungen in der Justiz. Dietmar Kirschbaum, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Bewährungshilfe im Land, äußerte die Sorge, die geplante Privatisierung der Gerichts- und Bewährungshilfe werde zu Qualitätseinbußen führen. Eindeutig ablehnend reagierte Stephan Randt, Vizepräsident des Badischen Notarvereins: Er fürchtet ein "Chaos" nach der gescheiterten Notariatsreform. Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) hält die Einwände für unbegründet.

Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sagte Christine Hügel, mit dem vom Land beschlossenen Einsparvolumen von 2,5 Prozent könnten die Staatsanwaltschaften zwar noch leben. "Aber schon das trifft uns sehr hart. Wir stehen an der Wand", so die Juristin. "Es wird Einbußen bei der Qualität geben, wenn weiter gekürzt wird."

Hügel verwies auf die kurze Verfahrensdauer und die gute Aufklärungsquote bei den Staatsanwaltschaften im Land - ein Qualitätsstandard, der bei zusätzlichen Kürzungen nicht mehr zu halten sei. In den vergangenen Jahren verzeichneten die Ermittlungsbehörden einen stetigen Anstieg der Arbeitsbelastung, im Vergleich zu 2002 um fünf Prozent. "Wir können nicht mit weniger Personal mehr bearbeiten."

Derweil fordert Stephan Randt eine konsequente landesweite Privatisierung der Notariate. "Das Notarwesen wird so nicht mehr überlebensfähig sein", sagte er. Die CDU/FDP-Regierungskoalition hatte Ende November die ursprünglich geplante Privatisierung der bisher Gewinn bringenden Notariate im Land abgelehnt und stattdessen für den badischen Landesteil - dort arbeiten derzeit 148 Amtsnotare im Dienst des Landes - die Zulassung von 25 freiberuflichen Notariaten in Aussicht gestellt. Randt hält das für schizophren: "Die 25 Freiberufler würden die Sahne abschöpfen und zu Einbußen beim Land führen." Denn anders als die Amtsnotare hätten sie keine Pflichtaufgaben im Grundbuch- und Nachlasswesen zu erfüllen, außerdem seien sie nicht an die öffentlich-rechtlichen Strukturen gebunden, wo die Mitarbeiter nur bis 16 oder 16.15 Uhr arbeiteten. "Die Freiberufler sind sehr viel beweglicher." Die badischen Amtsnotare werden, so warnt Randt, auf der Strecke bleiben - mit den entsprechenden Pensionslasten für das Land.

Nach den Worten von Werwigk-Hertneck folgt die Zulassung neuer Notare dagegen einem "dringenden Bedürfnis" der Bevölkerung nach mehr Dienstleistung. "Ein Wettbewerb hat noch keinem System geschadet", sagte sie am Montag. Thomas Oelmayer, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, hielt dem entgegen, am Beispiel der Notariatsreform werde deutlich, dass die Maßnahmen Stückwerk blieben. Die Landesregierung zerstöre Strukturen, ohne neue zu schaffen.

Bei der kostenträchtigen Bewährungshilfe fürchtet Dietmar Kirschbaum, Zuschüsse für private Träger könnten eher knapp ausfallen. "Wir haben die Sorge, dass freie Träger, die stärker auf die Kosten achten müssen, ihr Leistungsangebot einschränken", sagte er der dpa. "Die Qualität der Arbeit könnte dadurch reduziert werden." Dem widersprach die Justizministerin. Ziel der Privatisierung sei die Sicherung der Qualität. Bei der Vergabe an private Träger müssten eigens entwickelte fachliche Standards beachtet werden. Außerdem könnten Privatorganisationen viel flexibler agieren - zum Beispiel beim Engagement ehrenamtlicher Mitarbeiter.

Erstellt am: 17.12.2003


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