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Zwar hat Erwin Teufel im Schlussspurt Abstriche machen müssen, doch seine im Alleingang ersonnene und ins Werk gesetzte Behördenreform hat der Ministerpräsident in trockenen Tüchern. Auch wenn der dickste Brocken, die Polizei, in Teilen außen vor bleibt.
ANDREAS BÖHME, REINER RUF
Noch im April hatten Polizisten aus Lörrach mit diesem Plakat demonstriert. STUTTGART Der gestrige Abend nahte schon, da versuchte Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann mit einem frommen Appell das Teufelsche Reformwerk noch zu stoppen. Schnellschüsse seien nie gut, kabelte Kretschmann per Pressemitteilung an die Regierungsfraktionen von CDU und FDP. "Wer sich die Zehen abhackt, damit der Schuh passt, der wird bald merken, dass er nicht laufen kann. Maßarbeit dauert eben etwas länger."
Doch zu diesem Zeitpunkt hatten die Liberalen ihre Beratungen bereits beendet. Die CDU-Fraktionäre hingegen saßen noch wohl abgeschirmt von derlei Einflüsterungen im Konklave, um über letzte Änderungen an Erwin Teufels Verwaltungsreform zu feilschen. Dass der Regierungschef die Eingliederung der Sonderbehörden des Landes in die Landkreise und Regierungspräsidien nicht wie von ihm mehrfach verlangt eins zu eins würde durchdrücken können, zeichnete sich schon seit Tagen ab. Aber eine Beratung über die Sommerpause hinweg, wie von Kretschmann gefordert, hätte das Reformwerk unter dem Druck der Lobbyisten vollends zu Stückwerk zerbröselt.
Dass die Polizei mit einigermaßen heiler Haut davon kommt, hatte Innenminister Thomas Schäuble (CDU) schon vor Wochen angedeutet. "Wir werden darauf achten, dass das hohe Niveau der Polizei erhalten bleibt", hatte der Minister zu Protokoll gegeben und eher lustlos hinzugefügt: "Wir wollen noch ein bisschen optimieren."
Das ist ihm gelungen: Zwar werden die vier Landespolizeipräsidien in die Regierungspräsidien eingegliedert, die Polizeidirektionen indes bleiben selbstständig, verlieren aber an die Kreise die Zuständigkeit für die Lebensmittelüberwachung, die Kriminalprävention und die Tempokontrollen.
Noch kurz vor der Abstimmung hatte Fraktionschef Günther Oettinger gehofft, "dass der Ministerpräsident flexibel bleibt". Er blieb, und bei nur zwei Enthaltungen war der strittigste Punkt der Reform am Ende des dritten Beratungstages in der Fraktion abgehakt. Allein die Übertragung des operativen Geschäfts von den Präsidien auf die Direktionen soll 500 Stellen frei machen. Die Polizei, so Innenminister Schäuble, dürfe sich deshalb nun nicht entspannt zurücklehnen.
Trotz dieser Korrektur spricht Teufel von einer "vollständigen Umsetzung" seines Reformwerks, mit dem Baden-Württemberg "die modernste Verwaltung Deutschlands" bekomme. Walter Döring (FDP) lobte: "Donnerwetter, das ist eine Reform, die ihren Namen verdient."
Schwerer tat sich die CDU zuvor mit der Flurneuordnung. Teufel redete mit bittender Stimme auf die Abgeordneten ein: "Es geht schließlich nicht um Geschenke an die Fraktion, sondern um eine sachgerechte Entscheidung." Der Konsens: Das Landesamt wird einem Regierungspräsidium in Gänze zugeschlagen, die einzelnen Ämter für Flurneuordnung gehen an alle Kreisverwaltungen. Jede bekommt mindestens ein Arbeitsteam, bei hohem Arbeitsanfall auch mehrere.
Erhöhter Sachverstand
Ähnlich bei der Forstverwaltung: Die Forstämter werden den Land- und Stadtkreisen zugeschlagen, die beiden Forstdirektionen bleiben am Ort und werden in die Regierungspräsidien Tübingen und Freiburg integriert. Die Direktionen haben ein Durchgriffsrecht auf die untere Ebene und koordinieren landesweit die Holzvermarktung. Landwirtschaftsminister Willi Stächele nimmt"s hin; die ausführliche Diskussion im Vorfeld "hat den Sachverstand erhöht und die Abgeordneten sensibilisiert". Wie, zeigt sich im Ergebnis: Nur 32 der 63 Abgeordneten stimmten für diese Lösung.
"Ich bin zufrieden", versicherte auch eine strahlende Kultusministerin. Die Oberschulämter werden wie erwartet in die Regierungspräsidien integriert, die Schulämter in die Landkreise. Aus rechtlichen Gründen bekommen die Stadtkreise hingegen nur angegliederte Schulbehörden - womit allerdings eine zahlenmäßige Erhöhung der Schulämter einhergeht.
Erscheinungsdatum: Mittwoch 09.07.2003
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