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Die Pläne der liberalen Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck für eine Justizreform im Land führen zu Spannungen mit dem Regierungspartner CDU. Hauptstreitpunkt sind die zur Privatisierung vorgesehenen Notariate. Nun drohen auch noch die Gemeinden mit Klagen.
LSW
STUTTGART Einen Monat, nachdem Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck ihre Pläne zur Justizreform vorgelegt hat, gibt es Streit. Der "größte Widerstand" regt sich innerhalb der CDU nach internen Informationen gegen die Privatisierung der rund 150 badischen und etwa 500 württembergischen Notare. Mit diesem Schritt würden dem Land Millionen an Gebühren verloren gehen, befürchtet die Union. Schließlich will Ministerpräsident Erwin Teufel mit seiner Verwaltungsreform jährlich 100 Millionen Euro einsparen.
Weiterer Kritikpunkt aus der Reihen des großen Koalitionspartners: Zahlreiche Vorschläge bedürfen einer Änderungen des Bundesrechts. So muss die Privatisierung der Notariate mit einer Änderung der Bundesnotarordnung einher gehen, die der Gerichtsvollzieher durch Schaffung einer Öffnungsklausel.
In Zeiten knapper Kassen müsse man sich gut überlegen, ob man auf den Überschuss, den die Notariate an das Land abgeben, verzichtet, heißt es bei der CDU. Nach Abzug aller denkbaren Versorgungen und Kosten handle es sich dabei unstrittig um 52 Millionen Euro Mindereinnahmen pro Jahr. "Wer gibt seine Kuh, die er seit 50 Jahren melkt, weg, wenn er die Milch braucht?", gibt der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Wolfgang Reinhart, zu bedenken.
Elektronisches Grundbuch
Bei einer Justizreform drohen der Landesregierung nach Ansicht der Gemeinden zudem Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe. "Die Gemeinden haben im Vertrauen auf das Konzept des früheren Justizministers Ulrich Goll für das elektronische Grundbuch gewaltig in Informationstechnik investiert", erklärte der Präsident des Gemeindetages, Otwin Brucker, gestern in Stuttgart. Nun fürchteten die Kommunen um diese Investitionen, wenn die Notariate privatisiert werden. Vor allem die badischen Gemeinden, die - im Gegensatz zu den württembergischen Kommunen - das Grundbuch selber führen, werden nicht mehr in entsprechende Verkabelungen oder Computer investieren, warnte Brucker weiter.
"Damit wird auch die Vollendung des elektronischen Grundbuchs verzögert", sagte der Präsident. Eine solche Verzögerung reduziere zudem die bereits verplanten Einnahmen durch das Grundbuch für das Land. Offiziell eingeführt wurde das Grundbuch im Dezember 2000, ursprünglich sollte es bereits bis Ende 2003 in ganz Baden-Württemberg verfügbar sein. Das Land hat mit fast 1100 Grundbuchämtern mehr Ämter als alle anderen Bundesländer zusammen.
Amtsgerichte sollen bleiben
Auch an der Vorgabe, die Zahl der Amtsgerichte bei der Umgestaltung der Justiz unangetastet zu lassen, scheiden sich die Geister: Die FDP will mangels Einsparpotenzials - von nur 1,1 Millionen Euro pro Jahr ist die Rede - an allen 108 Amtsgerichten festhalten. Der CDU geht die Reform damit nicht weit genug, sie pocht auf eine Verringerung. Bei den Amtsgerichten argumentiert die FDP neben mangelnden Einsparungen nach außen hin auch mit deren guter Arbeit und der Bürgernähe.
Ministerpräsident Teufel hatte eine Reduzierung von Amtsgerichten nach dem Motto "Ein Landkreis, ein Amtsgericht" im Zuge seiner Verwaltungsreform selbst ins Auge gefasst. Dann erhielt Werwigk-Hertneck von ihm den Auftrag, einen Entwurf zur Justizreform vorzulegen. Darin ist von Reduzierung dieser Gerichte nicht mehr die Rede. Beide Parteien werfen sich nun ein "Schwarzer-Peter-Spiel" vor.
Unter strategischen Gesichtspunkten wird in der CDU-Fraktion deshalb die Schließungsdiskussion "auf niedrigstem Energielevel geführt", heißt es. Reinhart wird noch deutlicher: "Nachdem die Einsparrendite bei der Schließung von kleineren Amtsgerichten äußerst gering ist und im ländlichen Raum teilweise 30 Kilometer Abstand liegen von einem Amtsgericht zum nächsten, halte ich auch aus dem Gesichtspunkt der Bürgernähe die Aufrechterhaltung von Standorten in der Fläche für sinnvoll."
Erscheinungsdatum: Mittwoch 04.06.2003
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