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Neues aus den Stuttgarter Nachrichten vom 17.05.2003:

Applaus für Justizministerin

Gerichtsvollzieher unterstützen Reformvorschläge

Stuttgart - Mit Applaus haben Gerichtsvollzieher Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) im Hotel Graf Zeppelin empfangen - nach den bisherigen Reaktionen eine Überraschung. Schon vor deren Festvortrag lobte Eduard Beischall vom Deutschen Gerichtsvollzieher Bund (DGVB) die "positiven Reformgedanken".

VON TINO ANDRESEN

Gleich zu Beginn ihrer Rede vor dem DGVB-Bundeskongress betonte Werwigk-Hertneck, die auch Schirmherrin der Veranstaltung ist: "Gerichtsvollzieher sind zu hoher Eigenverantwortung bereit und fähig." Damit warb sie für ihre geplante Justizreform, die auch vorsieht, dass das Land seine 537 Gerichtsvollzieher in die freie Wirtschaft entlässt. Dieser Vorschlag stamme letztlich von den Gerichtsvollziehern selbst.

Die Reform habe nicht nur für die Gerichtsvollzieher Vorteile, deren Eigenverantwortung gestärkt würde, sondern auch fürs Land, das von frei werdenden Verwaltungskapazitäten profitieren würde. Nützlich sei sie auch für Gläubiger und Schuldner: Diese bekämen in Zukunft "alles aus einer Hand", so die Ministerin. Sie kann sich vorstellen, die Aufgaben der Gerichtsvollzieher "sinnvoll abzurunden". Die Möglichkeiten, die Kompetenzen um "verantwortungsvolle Aufgaben" zu erweitern, sei bei Beamten deutlich begrenzter als bei Freiberuflern, zu denen Werwigk-Hertneck Gerichtsvollzieher machen will. Bei Abkehr vom Beamtenverhältnis versprach sie vor allem bei der Alterssicherung eine Übergangsregelung.

Um die Ausbildung an die neuen Aufgaben anzupassen, habe das Land als "Diskussionsgrundlage" ein Modell für ein Fachhochschulstudium entwickelt. Das entspricht Beischalls Forderung. Zurzeit rekrutieren sich Gerichtsvollzieher nach einer Zusatzausbildung aus dem mittleren Dienst.

Unterstützung bekam die Ministerin vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Alfred Hartenbach (SPD). Eine "Erweiterung des beruflichen Spektrums und der Aufstiegsmöglichkeiten" sei nötig. Die Internationale Union der Gerichtsvollzieher hält es sogar für "überlebensnotwendig", Gerichtsvollzieher zu Freiberuflern zu machen, und wies darauf hin, dass sie diesen Status in den meisten europäischen Staaten haben - etwa in Frankreich und den Beneluxländern.

Die Ministerin reagierte aber auch auf Kritik, die laut geworden war, nachdem sie die Justizreform in knapp vier Wochen aus dem Boden gestampft hatte: "Wir sollten uns die erforderliche Zeit nehmen", sagte sie jetzt. Von verfassungsrechtlichen Bedenken dürfe man sich zwar nicht bange machen lassen, sie müssten aber ernst genommen werden. Deshalb könne sie sich "auch differenziertere Strukturen" vorstellen, die heikle Grundrechtseingriffe, etwa das Öffnen und Betreten der Wohnung des Schuldners, beim Staat belassen - dieser Punkt ist besonders umstritten. Zumindest die Gerichtsvollzieher scheint Werwigk-Hertneck hinter sich zu haben. Sie dankten ihr mit langem Applaus für die Rede, die der DGVB-Vorsitzende Beischall fast euphorisch als "Balsam für die Seele" begrüßte.

Aktualisiert: 18.05.2003, 05:04 Uhr


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