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NotareStreit um Privatisierung |
Stuttgart - Die Pläne der liberalen Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck für eine Justizreform sorgen in Baden-Württemberg für Spannungen mit dem Regierungspartner CDU.
Einen Monat nach der Vorlage ihres Entwurfs, der als wichtigste Säulen eine Privatisierung von Notariaten, Gerichtsvollziehern und der Bewährungs- und Gerichtshilfe vorsieht, gibt es vor allem in zwei Punkten Streit. Kompromisslösungen scheinen jedoch in Sicht.
Der "größte Widerstand" regt sich innerhalb der CDU nach internen Informationen gegen die Privatisierung der rund 150 badischen und etwa 500 württembergischen Notare. Mit diesem Schritt würden dem Land Millionen an Gebühren verloren gehen, befürchtet die Union. Schließlich will Ministerpräsident Erwin Teufel mit seiner Verwaltungsreform jährlich 100 Millionen Euro einsparen.
Auch an der Vorgabe, die Anzahl der Amtsgerichte bei der Umgestaltung der Justiz unangetastet zu lassen, scheiden sich die Geister: Die FDP will mangels Einsparpotenzials -von rund 1,1 Millionen Euro pro Jahr ist die Rede - an allen 108 Amtsgerichten festhalten. Der CDU geht die Reform damit nicht weit genug, sie pocht auf eine Verringerung. Weiterer Kritikpunkt aus der Reihen des großen Koalitionspartners: Zahlreiche Vorschläge bedürfen einer Änderungen des Bundesrechts. So muss die Privatisierung der Notariate mit einer Änderung der Bundesnotarordnung einher gehen, die der Gerichtsvollzieher durch Schaffung einer Öffnungsklausel.
In Zeiten knapper Kassen müsse man sich gut überlegen, ob man auf den Überschuss, den die Notariate an das Land abgeben, verzichtet, heißt es bei der CDU. Nach Abzug aller denkbaren Versorgungen und Kosten handele es sich dabei unstrittig um 52 Millionen Euro Mindereinnahmen pro Jahr. "Wer gibt seine Kuh, die er seit 50 Jahren melkt, weg, wenn er die Milch braucht", gibt der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Wolfgang Reinhart, zu bedenken.
Derzeit wird ein möglicher Kompromiss in dem Streit um die Privatisierung der Notare unter den Koalitionspartnern zumindest diskutiert - eine Verschiebung der Pläne. "Den Vorschlag der Ministerin, mit einer Privatisierung erst Anfang 2008 zu beginnen, kann ich mir vorstellen, da wir in den jetzigen kritischen Haushaltsjahr noch die Überschüsse gebrauchen können", kommentiert Reinhart jüngste Äußerungen aus dem Justizministerium. Auch Teufel dürfte dieser "Mittelweg" zunächst entgegen kommen: Ihm wird zu den Bezirksnotaren in Württemberg eine gewisse "emotionale Bindung" nachgesagt. Der Grund: Er selbst kommt wie sie aus dem gehobenem Verwaltungsdienst. Die badischen Notare hingegen sind Volljuristen.
Bei den Amtsgerichten argumentiert die FDP neben mangelnden Einsparungen nach außen hin auch mit deren "Effizienz und Bürgernähe". Hinter vorgehaltener Hand sagt man sich im FDP-geführten Justizministerium aber: "Wenn die CDU unbedingt Amtsgerichte schließen will, so soll sie dies dem Wähler auch selbst beibringen und nicht uns vorschicken." Hintergrund: Teufel hatte eine Reduzierung von Amtsgerichten nach dem Motto "Ein Landkreis - ein Amtsgericht" im Zuge seiner Verwaltungsreform selbst ins Auge gefasst. Dann erhielt Werwigk-Hertneck von ihm den Auftrag, einen Entwurf zur Justizreform vorzulegen. Darin ist von Reduzierung dieser Gerichte nicht mehr die Rede. Beide Parteien werfen sich nun ein "Schwarzer-Peter-Spiel" vor.
Unter strategischen Gesichtspunkten wird in der CDU-Fraktion deshalb die Schließungsdiskussion "auf niedrigstem Energielevel geführt", heißt es. Reinhart wird noch deutlicher: "Nachdem die Einsparrendite bei der Schließung von kleineren Amtsgerichten äußerst gering ist und im ländlichen Raum teilweise 30 Kilometer Abstand liegen von einem Amtsgericht zum nächsten, halte ich auch aus dem Gesichtspunkt der Bürgernähe die Aufrechterhaltung von Standorten in der Fläche für sinnvoll." Die FDP rechnet damit, dass 70 bis 80 Prozent der Vorschläge angenommen werden und wertet mögliche Änderungen ganz diplomatisch "nicht als Gesichtsverlust".
Tatjana Bojic, dpa
03.06.2003 - aktualisiert: 03.06.2003, 11:18 Uhr
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